NGZ vom 3. November 2006
NGZ vom 3. November 2006
Schwein mit schwarzer „Krawatte“
LÜTTENGLEHN (-wi) Neue Wege wollen Landwirt Norbert Dyckers (37), Metzger Udo Erkes (36) und Koch Franz-Josef Stappen (36) beschreiten: Die drei Unternehmer aus dem Korschenbroicher Stadtgebiet setzen dabei auf die Schwäbisch-Hällischen – die Landschweine mit den Schlappohren, die in Fachkreisen auch „Mohrenköpfle“ genannt werden. Dabei handelt es sich um keine Neuheit – im Gegenteil: Die drei Geschäftspartner geben mit ihrer Initiative einer uralte Schweinerasse wieder eine Chance.
Die Idee, dem Kunden künftig eine eigene Spezialität ans der Region anzubieten, wurde bereits vor zwei Jahren geboren. „Wir haben lange über das Thema gebrütet“, erinnert sich Udo Erkes. Bis ihm dann das Internet zur Hilfe kam. „Am Stadtrand von Bochum züchtet ein Lehrer Schwäbisch-Hällische Landschweine.“ Da selbst Sterneköche dieses Fleisch für ihre gehobene Küche neu entdeckt haben, war die Idee geboren.
Norbert Dyckers, der neben seinem Ackerbaubetrieb auch eine Schweinemast mit 1500 Tieren bei Lüttenglehn betreibt, war direkt Feuer und Flamme. Der Experte in Sachen Borstenvieh will prüfen, ob sich die Tiere im niederrheinischen Klima wohlfühlen, ob sich Umwelt und Fütterung für die Mast eignen. Derzeit richtet Norbert Dyckers gerade Weideflächen mit entsprechenden Stallungen für die Landschweine ein, die freilaufend gehalten werden. Die Ferkel will er aber auch künftig von dem Lehrer aus dem Ruhrgebiet beziehen.
Zehn Tiere gab’s zum Wochenanfang, zwei von ihnen wurden aber bereits von Erkes zu Bratwurst und Fleisch verarbeitet und von Stappen schmackhaft serviert. Die Nachfrage ist jetzt schon immens, so dass bis zum Jahresende 40 der Landschweine mit der schwarzen „Krawatte“ in Lüttenglehn die Weide bevölkern werden. Allerdings ist bei dieser alten Rasse Geduld gefragt: Während das bekannte Hausschwein nach sieben Monaten mit rund 95 Kilo das Schlachtgewicht erreicht hat, brauchen die „Krawattenträger“ zwölf Monate. „Sie laufen im Freien bei Wind und Wetter herum, das macht sich bemerkbar“, so Dyckers gestern vor Journalisten. Und Erkes und Stappen ergänzen: „Die artgerechte Haltung wirkt sich auch positiv auf die Qualität aus. Das Fleisch ist fester und dunkler als normales Schweinelleich. Zudem ist der Geschmack intensiver.“ Allerdings muss der Kunde für den Mehraufwand auch tiefer in die Tasche greifen. Pro Kilo verlangt der Metzger rund zwei Euro mehr. Schwäbisch-Hällische Landschweine wurden in den 60er Jahren im Zuge der Standardisierung der Zucht vernachlässigt, in den 80er galten sie bereits als „ausgestorben“.